Eine Geschichte, die uns aktuell in Europa wieder einholt.
Romanbesprechung im Januar
Ein Rückblick
DEMUT
Szczepan Twardoch. Der polnische Tarantino der Literatur.
Twardoch treibt seine Leser*innen in "wilder Jagd" über die Seiten. Er schickt uns hinein in den Ersten Weltkrieg, zusammen mit seinem Protagonisten Alois Pokora, der als Offizier auf der Seite Preußens kämpft, mitten hinein in die Schlacht. Granaten und Kugeln fliegen, Menschen werden zerfetzt. In dieser existenziellen Situation erinnert sich der Sohn eines schlesischen Bergmanns an Freunde, Studienkollegen und vor allem an seine große Liebe Agnes.
„Deutschland muss sterben, damit wir leben können“, lässt Twardoch den Pionier Kiesel sagen, dem eine Granate beide Beine abgerissen hat.
Es geht um die Erfahrungen von Demütigung, Erniedrigung und Nichtzugehörigkeit. Erfahren hat sie Pokora als Soldat des Deutschen Reiches und Vertreter der schlesischen Minderheit mit schlesischer ("wasserpolnischer") Muttersprache. Als Nichtdeutscher und Nichtpole proletarischer Abstammung wurde Pokora von klein auf gehänselt und verachtet.
"Zu Hause redeten wir Schlesisch, auf der Straße oder im Restaurant Deutsch. Alles, was ich brauchte, war dieses graue, kleine Leben, das Emma und ich führten."
Die christliche Tugend ''Demut' war lange zugeschüttet. Seit geraumer Zeit hören wir insbesondere aus Politik, Wirtschaft und Sport die Bekenntnisse zur Demut
Annalena Baerbock empfand «Demut vor ihrer politischen Aufgabe», als sie zur Kanzlerkandidatin der Grünen nominiert wurde.
Armin Laschet kündigte vor zwei Jahren «Demut in dieser entscheidungsreichen Zeit» an, und Angela Merkel verabschiedete sich in «Dankbarkeit und Demut». manch frisch installierter Fussballtrainer betrachtet seine bevorstehende «Aufgabe mit Demut».
Immanuel Kant hielt Demut für ein Gefühl, das sich mit der Einsicht in die Begrenztheit unserer moralischen Vermögen einstellt.
Auch der ehemalige österreichische Kanzler Sebastian Kurz erklärte nach seinem Wahltriumph 2018: "Ich nehme die Verantwortung mit grosser Demut an."
Ist es möglich, innerhalb einer Generation die Bürde des Arbeiterhintergrunds abzulegen? Und wieviel Würde bleibt beim Versuch nach oben zu kommen?
In "Demut" erzählt Szczepan Twardoch in drastischen Bildern von einem Mann, der verzweifelt versucht, seine einfache schlesische Herkunftswelt hinter sich zu lassen. Aber er scheitert in den Wirren der neuen Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.
Eben noch kämpfte Alois Pokora (pl: pokora = Demut) im Weltkrieg. Dann erwacht er im Krankenhaus in Berlin – und die Welt ist eine andere: das Jahr 1918, der Kaiser geflohen, die alte Ordnung zerbricht. Der Bergmannssohn Alois, der Erste in der Familie mit Schulbildung, sehnt sich nach seiner Liebe Agnes – lässt sich aber bald von der soghaften neuen Freiheit erfassen, geistig, revolutionär, auch erotisch. Er gerät in die Berliner Halbwelt, schult für die dubiose «Baronin» eine Kampftruppe, trifft Rosa Luxemburg. Nach einer Schießerei mit Kaisertreuen rund ums Berliner Schloss kann er gerade noch heim ins verwunschene Schlesien flüchten. Wo sich ebenfalls alles verändert hat. Unerwartet muss Alois sich der eigenen Herkunft stellen – und steht endlich Agnes gegenüber. Doch Alois ist zwischen alle Fronten geraten.
Mit weltmalerischer Wucht erzählt Szczepan Twardoch vom Weltkrieg und vom umstürzlerischen Berlin mit seinen Kaputten, Geschlagenen und den feierwütigen Überlebenden, den Umbrüchen, die bald ganz Europa erfassen. «Demut» ist ein gewaltiger Roman über einen Mann im Strudel der Zeit, der zwischen Emanzipation und Selbstzweifel steht und in einer explosiven, ungeheuer freien Epoche seinen Weg sucht.
Der erste Satz
"An dein Gesicht denke ich, wenn am schwarzen Himmel, noch tief über dem Horizont, der erste weiße Stern aufblinkt." Der Stern ist ein Schrapnell, der Himmel wölbt sich über Flandern, und am Horizont ist die Front. Wir sind im Krieg, aber es geht um eine Frau. Der Leutnant verzehrt sich im Schützengraben in unerfüllter Liebe zu Agnes, seiner Göttin und Herrin, die ihn quält, so gut sie kann. "Die Geometrie deiner Züge, tief in mein Hirn gebrannt, tiefer als die Gesichter meiner Eltern."
Szczepan Twardoch
Szczepan Twardoch, geboren 1979, ist einer der herausragenden Autoren der Gegenwartsliteratur. Mit «Morphin» (2012) gelang ihm der Durchbruch. Für den Roman «Drach» wurden Twardoch und sein Übersetzer Olaf Kühl 2016 mit dem Brücke Berlin Preis geehrt, 2019 erhielt Twardoch den Samuel-Bogumił-Linde-Preis. Zuletzt erschienen die hochgelobten Romane «Der Boxer» (2018) und «Das schwarze Königreich» (2020). Szczepan Twardoch lebt mit seiner Familie in Pilchowice/Schlesien.
Foto © Zuza Krajewska
In Polen hat Twardoch so viele Verehrer wie Feinde. Das hat auch mit seiner politischen Haltung zu tun. Einerseits kritisiert er die rechtskonservative PiS-Regierung scharf und schonungslos, nennt sie die schlechteste seit 1989. Besonders die Außenpolitik hält er für katastrophal. Für ihre Sozialpolitik lobt er die Partei Recht und Gerechtigkeit dann aber, etwa für die Erhöhung des Kindergelds und des Mindestlohns.
"Zum Aufruhr kam es erst auf dem Friedhof, als der Pfarrer und die Ministranten nach dem Aufsagen der lateinischen Formeln ihres Weges gingen, dann nämlich rollten diese Korfanty-Leute, etwa zehn, die in den hinteren Bänken gesessen hatten, die weiß-tote Flagge aus und stimmten die Rota an."
(S. 402)
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Die „Rota“ ist eine der bekanntesten Dichtungen von Maria Konopnicka. Es bezieht sich auf die Unterdrückung beziehungsweise Germanisierung des Polentums durch Preußen.
Die Rota wurde zum ersten Mal 1908 in der Zeitschrift „Przodownicy“ veröffentlicht. Zum ersten Mal öffentlich vorgetragen wurde sie im Jahre 1910 bei den Feierlichkeiten in Krakau zum 500. Jahrestag der Schlacht bei Tannenberg (1410).
Das Gedicht besteht aus vier Strophen. Drei von ihnen bilden einen Kanon zu einem der bekanntesten polnischen patriotischen Lieder mit demselben Titel, zu dem Feliks Nowowiejski die Melodie komponierte.
Ab 1918 war die Rota die Hymne der polnischen Pfadfinder und nach der Restauration der Republik Polen im November 1918 stand sie auch als polnische Nationalhymne zur Debatte. Doch setzte sich das Lied der unter Napoleon Bonaparte um die Freiheit ihres Vaterlandes kämpfenden polnischen Legionen, der Mazurek Dąbrowskiego, durch.
Die „Rota“ wird bis heute auf Versammlungen nationalpatriotischer Gruppierungen, aber auch oft bei Prozessionen zu Fronleichnam gesungen. Die ersten beiden Verse der dritten Strophe sind zu einer der bekanntesten Redewendungen geworden.
In der fünften Zeile der dritten Strophe bezieht sich das „Erklingen des goldenen Hornes“ auf das Werk „Wesele“ (zu Deutsch: Hochzeit) von Stanisław Wyspiański. Das Horn wird als Symbol zur allgemeinen Anregung zur Aufnahme des polnischen Kampfes genutzt.
„Demut“ reiht sich ein in eine Strömung der Gegenwartsliteratur, in dem Milieuwechsel kritisch verarbeitet werden. Dichterinnen und Autoren folgen dem Imperativ "Check your habitus" und schreiben über die prekären Gefühle des sozialen Aufstiegs.
Unsicherheit, Scham und ein Gefühl der Fremdheit begleiten viele sogenannte Sozialaufsteiger im neuen Milieu. In den letzten Jahren haben immer mehr Autorinnen und Autoren von ihrer eigenen, nicht so privilegierten Herkunft erzählt – und von dem was folgt, wenn man sie hinter sich lässt.
"Das Herkunftsmilieu ist verlassen, aber nicht verwunden", schreibt Daniela Dröscher im Vorwort zu der literarischen Collage "Check your habitus", "ein selbstverständliches Zugehörigkeitsgefühl zum Ankunftsmilieu bleibt aus." Sie spricht von einem "gespaltenen Habitus".
Deutschland nach 1918. Der geschichtliche Hintergrund zum Roman.
Nach dem Ersten Weltkrieg steht das Deutsche Reich als Verlierer da. Die außenpolitischen Bedrängnisse führen zur Revolution: Deutschland erlebt einen demokratischen Frühling. Doch von Beginn an steht die junge Republik unter keinem guten Stern.
Die Oberste Heeresleitung, der Kaiser und die Generalität befinden sich im Herbst 1918, in den letzten Tagen des Ersten Weltkrieges, militärisch und politisch in einer Sackgasse.
Nach vier Jahren grausamer Materialschlachten ist Deutschland am Ende seiner Kräfte und kann dem Druck der Alliierten, die die deutsche Front langsam ins Land zurückdrängen, nicht länger standhalten. Die Niederlage ist unausweichlich, die Kapitulation nur noch eine Frage der Zeit.
Für die Herren der Reichs- und Heeresleitung ist es schon schwer genug, sich selbst die Niederlage einzugestehen. Sie auch noch dem deutschen Volk zu verkünden, das unter schweren Entbehrungen leidet, das will man dann doch lieber anderen überlassen.
Die anderen, das sind die Mitglieder der zivilen Regierung, die verhassten Parlamentarier. Sie müssen jetzt die politische Verantwortung für einen Krieg übernehmen, den die kaiserliche Generalität verbrochen hat.
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Doch aus der Verantwortungslosigkeit der kaiserlichen Eliten erwächst die erste demokratische Republik auf deutschem Boden. Schon unter Reichskanzler Bismarck gab es starke demokratische Bestrebungen im Parlament.
Doch erst jetzt, am Vorabend der Kapitulation, wird die erste parlamentarische Demokratie im Deutschen Reich verankert. Träger der politischen Macht werden die Parteien.
Novemberrevolution 1918
Am 4. November 1918 meutern Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel. Sie sollen in einer sinnlosen Endschlacht verheizt werden, so die Absicht der Seekriegsleitung.
Von Kiel aus erstreckt sich eine Welle von Aufständen über das Land, der sich weitere Matrosen, Soldaten und Arbeiter anschließen. Arbeiter- und Soldatenräte formieren sich, der Ruf nach Abdankung des Kaisers und der Errichtung einer Republik wird laut.
Matrosenaufstand von Wilhelmshaven (am 29.10.1918)
Unter dem Druck der innenpolitischen Unruhen überschlagen sich die Ereignisse. Am Vormittag des 9. November 1918 erreicht die revolutionäre Bewegung Berlin.
Der von Kaiser Wilheim II ernannte Kanzler Prinz Max von Baden erklärt eigenmächtig die Abdankung des Kaisers und überträgt mit folgenden Worten sein eigenes Amt dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert, der seit 1913 den Vorsitz der SPD führt, also der stärksten Partei im Reichstag: "Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz."
Ebert plant, so schnell wie möglich eine Nationalversammlung einzuberufen, die eine Reichsverfassung ausarbeiten und die künftige Staatsform des Deutschen Reiches bestimmen soll: eine parlamentarische Republik oder Monarchie.
Doch wichtigstes Ziel für die SPD ist zunächst die Kontrolle über die revolutionären Umbrüche im Land. Keinesfalls will man den Moskau-Treuen das Feld überlassen, die mit Macht die Umstürzung der Verhältnisse nach sowjetischem Vorbild anstreben.
Unter allen Umständen soll mit den Führern der USPD, der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die sich im Krieg von der SPD abgespalten und weiter links neu formiert hat, eine Übereinkunft gefunden werden, um die radikale Linke zu isolieren und die Einheit der Arbeiterbewegung zu garantieren.
Da erreicht die SPD das Gerücht, dass Karl Liebknecht, Anführer der äußerst linken Spartakisten, die sozialistische Republik ausrufen will.
Die neue Republik
Am Mittag des 9. November 1918 versammeln sich revolutionär gestimmte Massen vor dem Reichstag. Philipp Scheidemann, Vorstandsmitglied der SPD, wird von seinen Leuten gedrängt, Liebknecht zuvorzukommen und am Fenster zu den Menschen zu sprechen.
Scheidemann beginnt seine Rede, doch tief berührt von der Aufregung des historischen Augenblicks geht Scheidemann viel weiter, als nur das Ende der alten Ordnung zu verkünden.
Um 12.00 Uhr ruft Scheidemann am Deutschen Reichstag die "deutsche Republik" aus. Sein Parteifreund Ebert ist entsetzt: "Du hast kein Recht, die Republik auszurufen! Was aus Deutschland wird, ob Republik oder was sonst, entscheidet eine Konstituante (= verfassungsgebende Versammlung)."
Doch Scheidemann kommt damit Karl Liebknecht zwei Stunden zuvor, als dieser um 14.00 Uhr vom Balkon des Berliner Stadtschlosses die "freie sozialistische Republik Deutschland" ausruft.
Philipp Scheidemann verkündet den Beginn einer neuen Zeit
Noch am gleichen Tag macht sich der Realpolitiker Friedrich Ebert an die Regierungsbildung. Um die linksradikalen Kräfte einzubinden, macht Ebert der USPD große Zugeständnisse. Um jeden Preis soll die Bildung einer Räterepublik verhindert werden.
Ebert gelingt es, eine provisorische Übergangsregierung zu bilden, den sogenannten Rat der Volksbeauftragten. Ihr gehören jeweils drei Mitglieder der SPD und der USPD an. Der Rat beschließt einstimmig die Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919.
Am 10. November geht der Kaiser ins Exil. Am Abend des 10. November hat sich die Mehrheit der gemäßigten Sozialisten gegen eine linksradikale Minderheit erfolgreich durchgesetzt, die Weichen für die Bildung einer parlamentarischen Demokratie sind gestellt.
Drückende Altlasten
Am 11. November 1918 unterzeichnet Matthias Erzberger, Abgeordneter der Zentrumspartei, den Waffenstillstand. Das Deutsche Reich steht unter Schock.
Der Erste Weltkrieg forderte zehn Millionen Tote, 20 Millionen Verletzte. Fast zwei Millionen deutsche Soldaten sind gefallen, mehr als vier Millionen verletzt und verstümmelt.
Auf der Straße herrscht Bürgerkrieg. Chaos und Hunger bestimmen das Leben der Menschen, acht Millionen Soldaten müssen demobilisiert und wieder eingegliedert, die revolutionären Aufstände abgebremst werden.
Zu der aufgewühlten innenpolitischen Lage kommt der Druck durch die Schadensersatzforderungen der Siegermächte. Schwere wirtschaftliche Ausgleichszahlungen kommen mit dem Vertrag von Versailles auf Deutschland zu, die sogenannten Reparationen.
1921 wird von einer alliierten Kommission die Gesamtsumme der Entschädigungsleistungen auf 132 Milliarden Goldmark festgelegt, die Deutschland innerhalb von 30 Jahren abzuleisten hat. Eine schier unermessliche Summe, die das ausgeblutete Land kaum aufbringen kann.
Demokratischer Neubeginn
In Deutschland finden am 19. Januar 1919 freie Wahlen statt, erstmals sind auch Frauen zu den Wahlen zugelassen. Die Wahlbeteiligung ist mit 83 Prozent sehr hoch.
Die Deutschen wählen die Nationalversammlung. Weil man in Berlin Unruhen befürchtet, tritt sie in Weimar zusammen. Weimar gibt der jungen deutschen Republik damit eine Verfassung und ihren Namen. Deutschland ist nun eine parlamentarische Demokratie.
Die SPD wird mit 37,9 Prozent stärkste Partei im Reichstag. Friedrich Ebert wird Reichspräsident, er bekleidet das höchste Amt im Staat.
Als einer der bedeutendsten Politiker der Weimarer Republik setzt sich Ebert nachdrücklich dafür ein, dass die junge deutsche Demokratie aus den zermürbenden Nachwehen des Ersten Weltkriegs herausfindet.
Ebert gelingt der Schulterschluss mit den bürgerlichen Eliten, erfolgreich betreibt er die Reintegration der deutschen Soldaten in die Gesellschaft.
Doch die Geburtsstunde der ersten deutschen Republik steht unter keinem guten Stern. Von Anfang an wird ihr der verlorene Krieg angelastet, die Führer der demokratischen Parteien müssen die Niederlage vor Volk und Vaterland verantworten.
Am 6. Februar 1919 tagt zum ersten Mal die Nationalversammlung
Das deutsche Volk, das ohnmächtig die harten Vertragsbedingungen des Versailler Abkommens entgegennehmen muss, wird empfänglich für die größte Propagandalüge der Weimarer Republik: die Dolchstoßlegende.
Gezielt wird von der ehemaligen kaiserlichen Reichsleitung das Gerücht verbreitet, das deutsche Heer sei im Ersten Weltkrieg "im Felde unbesiegt" geblieben und hätte durch die Verantwortlichen der Novemberrevolution von 1918 den tödlichen "Dolchstoß von hinten" erhalten.
Wie tief die deutsche Gesellschaft gespalten ist, wird an der Vielzahl sehr unterschiedlicher Parteien deutlich. Die gemäßigten Parteien der Mitte werden flankiert von Kaisertreuen, die wieder Vorkriegsverhältnisse herstellen wollen, radikalen Rechten, die eine Diktatur anstreben und radikalen Linken, die in Deutschland eine Räterepublik ausrufen wollen.
Tatsächlich herrscht eine weit verbreitete Geringschätzung des Parlamentarismus, Weimar erscheint in der Summe oft als "Demokratie ohne Demokraten". Große Teile der Eliten akzeptieren die Republik nicht – etwa die Reichswehr – trotzdem verhalten sie sich zunächst verfassungstreu.
14 Jahre kann sich die Weimarer Republik behaupten. 14 Jahre geprägt von wirtschaftlichen Krisen, schier unüberwindbaren politischen Problemen und gesellschaftlichen Verwerfungen, aber auch getragen von Hoffnungen, diplomatischen Glanzleistungen und demokratischen Überzeugungen.
(Quelle: Planet Wissen)
Einer der gewaltigsten Romane. Besprochen 2019 im Rahmen der Lesereihe:
"Über Menschen, die das Sterben der Zukunft in ihrer Gegenwart erleben".
Mein persönlicher Bestseller.
DER BOXER | SZCZEPAN TWARDOCH
Wir setzten uns auseinander mit dem Roman „Der Boxer“ des in Polen meistgelesenen Autors Szczepan Twardoch, der zum Teil auf historischen Begebenheiten basiert. Wir begaben uns in Warschaus Unterwelt der dreißiger Jahre kurz vor dem zweiten Weltkrieg. In die Welt der Schutzgeldeintreiber, Bordelle, Drogen und Straßenkämpfe der polnischen Juden gegen die Faschisten, deren wachsender Einfluss die Herrschaft Kaplicas, dem selbsternannten Paten der Stadt, bedroht. Der Schatten des Holocausts liegt bereits über den Straßen von Warschau. Wir erhielten Einblicke in eine diffizile Geschichte der polnischen Juden vor dem Einmarsch der Nazis im September 1939.
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Der Boxer im Hamburger Thalia Theater 2019
Die polnische Regisseurin Ewelina Marciniak hat den Roman in der Gaußstraße, der kleinen Spielstätte des Hamburger Thalia Theaters auf die Bühne gebracht. Sie wolle damit von den Umständen erzählen, unter denen das Böse ausbricht und davon, dass Gewalt nicht polnisch, jüdisch oder deutsch sei, sondern universell.