Romanbesprechung im April | Ein Rückblick 


>>Das einzige, was gefährlicher ist als ein Nigger mit einem Gewehr ist ein Nigger mit einem Buch<< (S. 312)

Mit schier unerträglicher Präzision erzählt Whitehead hier die Geschichte der Sklaverei. Wie die weißen Herren mit nonchalanter Selbstverständlichkeit ihre Sklavinnen vergewaltigen, den Männern die Zungen abschneiden oder das Geschlechtsteil. Man begreift, wie das weiße Besitzdenken Schwarzen gegenüber als ein unumstößliches Recht angesehen wurde.


Über die Entrechtung, Unterjochung, Treibjagd und Eliminierung von Schwarzen durch Weiße.

Underground Railroad

Colson Whitehead 

"Geraubte Körper bearbeiten geraubtes Land" 

Ein historischer Roman, aktueller denn je

Der historische Roman ist hochaktuell. Nur vor dem Hintergrund der Sklaverei lässt sich der heutige Rassismus in den USA wirklich verstehen, der sich über Generationen eingeschrieben hat in die DNA der weißen wie der schwarzen Amerikaner. 

 Colson Whiteheads "Underground Railroad" über Rassismus und Sklaverei im 19. Jahrhundert war 2016 in den USA das Buch der Stunde.

Fast jedes Schulkind in den USA hat schon einmal von der "Underground Railroad" gehört, jener geheimen Infrastruktur aus Pfaden und sicheren Häusern, auf denen, unterstützt oft von weißen Fluchthelfern und Schleusern, afroamerikanische Sklaven in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Weg in die Freiheit fanden.

Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht – doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben und Kopfgeldjägern, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit?

Schonungslos und brutal

Nüchterner, lakonischer, konstatierender Erzählstil. Auf den Schmerzpunkt des Lesenden zielend. Das Buch braucht solche Passagen, um die Selbstverständlichkeit aufzuzeigen, mit der die weiße Rasse den Scharzen das Menschsein abspricht.

Colson Whitehead

Foto © Madeline Whitehead 

Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion's Fiction Award (2002) und war Stipendiat des MacArthur "Genius" Fellowship. Für seinen Roman Underground Railraod wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet.   Der Autor lebt in Brooklyn. 

Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten 

(4. Juli 1776)

"Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit."

In der folgenden Verfassungspraxis wurden diese Wahrheiten zunächst nur frei geborenen, weißen Männern in vollem Umfang zugestanden, nicht aber Frauen, Sklaven und freien Schwarzen.