Vier absolute Bestseller. Aufwühlende Werke, an denen man nicht unbedingt Freude hat. Eine Auseinandersetzung ist dennoch geboten.

Ein Buch, an dem man keine Freude hat. Über all die kleinen, gewissenhaft nacherzählten Erniedrigungen, denen die Protagonistin ausgesetzt ist. Dennoch befürworte ich eine Beschäftigung mit dem Buch.

Die koreanische Autorin Cho Nam-Joo landete mit „Kim Jiyoung, geboren 1982“ einen Bestseller und stieß in ihrem Heimatland eine Gleichstellungsdebatte an. Dafür erntete sie nicht nur Applaus. Wer sich zur Lektüre ihres Buches bekannte, musste mit Hass rechnen.

Über den von Sexismus geprägten Alltag einer jungen Koreanerin

 In einer kleinen Wohnung am Rande der Metropole Seoul lebt Kim Jiyoung. Die Mitdreißigerin hat erst kürzlich ihren Job aufgegeben, um sich um ihr Baby zu kümmern - wie es von koreanischen Frauen erwartet wird. Doch schon bald zeigt sie seltsame Symptome: Jiyoungs Persönlichkeit scheint sich aufzuspalten, denn die schlüpft in die Rollen ihr bekannter Frauen. Als die Psychose sich verschlimmert, schickt sie ihr unglücklicher Ehemann zu einem Psychiater. Nüchtern erzählt eben dieser Psychiater Jiyoungs Leben nach, ein Leben bestimmt von Frustration und Unterwerfung. Ihr Verhalten wird stets von den männlichen Figuren um sie herum überwacht - von Grundschullehrern, die strenge Uniformen für Mädchen durchsetzen; von Arbeitskollegen, die eine versteckte Kamera in der Damentoilette installieren und die Fotos ins Internet stellen. 


Es bleibt ein Schulterzucken. Grauen als tragikomische Unterhaltung. Brauche wir das?

 Die Geschwister Popper: Serge, verkrachtes Genie und homme à femmes, Jean, der Vermittler und Ich-Erzähler, und Nana, die verwöhnte Jüngste mit dem unpassenden spanischen Mann. Eine jüdische Familie. Nach dem Tod der Mutter entfremdet man sich immer mehr. Zu ihren Lebzeiten hat keiner die alte Frau nach der Shoah und ihren ungarischen Vorfahren gefragt. Jetzt schlägt Serges Tochter Joséphine einen Besuch in Auschwitz vor. Momente zwischen Komik und Tragik, wenn bei der touristischen Besichtigung die Temperamente aufeinanderprallen.  die berührt. 

Yasmina Reza

Yasmina Reza, 1959 geboren, ist Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin und die meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin.

Frankreich in naher Zukunft – erschüttert durch Terroranschläge

Houellebecqs sarkastischer Scharfsinn begeistert wieder. 


 „Vernichten“ spielt in naher Zukunft, im französischen Wahljahr 2027. Dennoch bietet der Roman keine spektakuläre satirische Zukunftsvision wie Houellebecqs vor sieben Jahren erschienener Roman „Unterwerfung“ über die Herrschaft eines gemäßigten Islamismus in Frankreich.

'Während einer der beiden Männer den Minister dazu brachte, sich hinzuknien, seinen Kopf in der Lünette platzierte und dann den Schließmechanismus betätigte, befestigte der zweite das Beil am Rammbock, dem schweren Eisenblock, der der herabfallenden Klinge Stabilität verleihen sollte.' (aus: Michel Houellebecq - Vernichten) 


Das Versprechen von Damon Galgut | Booker Prize 2021

Über die fortwirkende Schuld einer weißen Familie in Südafrika 

 »Das Versprechen« erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen ... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt.